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Ein flüchtiger Blick auf die Dame in zarten Dessous. Es ließ sich kaum vermeiden, die Puppen waren zu sehr am Weg zur höher liegenden Etage aufgestellt. Offensichtlich wußte der Kaufhauschef noch nichts vom neuen Gesetz - deshalb warf ich schnell noch einen letzten sehnsuchtsvollen Blick auf die Schaufensterpuppen.
Erst jetzt fällt mir auf, auf wievielen Verpackungen aufreizende Damen einen angelächelt haben und zum Kauf animiert haben. Stimmt schon, war doch sehr demütigend für Frauen.
Vieles hat sich im letzten Jahr geändert. Die liebgewonnen Treffen und Stammtische, die wir jetzt immer heimlich abhalten müssen, fehlen ebenso sehr, wie so manche Geschäfte, wo wir unsere Lust befriedigen konnten. Und dieses ständige Aufpassen und Prüfen, ob die Läden im Untergrund seriös sind, nervt ganz schön.
Aber gottseidank sind einige gute Namen von einst wieder auffindbar. Allerdings solch eindeutige Namen wie SCHLAGZEILEN, MARQUIS oder O hatten einfach keine Chance. Witzig war damals auch der Versuch vom AK SM & Kultur - versuchten doch tatsächlich das SM als "SchlagerMusik" zu verkaufen. Hat natürlich nichts genutzt. Sind genauso verboten worden wie alle anderen SM-Gruppen.
Den Schwulen und Lesben erging es genauso. Logisch: Wer schwul ist vergewaltigt auch Frauen!
Das es die Lesben auch erwischt hat, damit haben sie selber am wenigsten gerechnet. Da haben sie noch das neue Gesetz gegen Pornografie wie einen großen Sieg für den Feminismus gefeiert und dann hat man(n) ihnen klipp und klar gesagt, daß die gleichgeschlechtliche Liebe eindeutig gegen die Sittenmoral verstößt und somit die Gewalttätigkeit potentieller Vergewaltiger fördert.
Es nimmt auch immer groteskere Formen an: Zur Zeit läuft gerade ein Verfahren gegen die EMMA weil sie sexistische Werbung der GRÜNEN abgedruckt hat. Wobei sogar mir aufgefallen ist, daß der Preßlufthammer der verschwitzt erotischen "Straßenbauarbeiterin" eindeutig ein Phallussymbol war.
Heilfroh bin ich, daß nächste Woche unsere alten Freunde endlich wieder aus dem Gefängnis kommen. Ihr hättet damals auch wirklich nicht dieses Sonderheft von der AG NOporNO lesen sollen. Hättet ihr es bloß einfach liegen gelassen...
Aber eine große Party werden wir für euch steigen lassen! Ganz heimlich. Nur für uns. Das sagen wir keinem, wo die ist.
Auf dem Weg nach unten sehe ich gerade noch, wie die Sittenpolizei Tücher über die Dessous-Puppen legt und der Kaufhauschef in Handschellen abgeführt wird.
Schnell weg hier! Bevor sie meinen Ring sehen...

Eine ganz düstere utopische Geschichte von
Diogenes


Utopie?



 
PorNO ?  << up >>

Schenkt man/frau Alice Schwarzer glauben, fördert die Verbreitung von Pornographie die Gewalt gegen Frauen und Kinder. Pornographie stellt Frauen (nur Frauen) grundsätzlich in erniedrigender Haltung dar, bzw. die Pornographie ansich ist eine demütige Handlung gegen Frauen. Die Bilder und Filme natürlich, zusätzlich der Zwang, der - laut EMMA - auf die meisten Frauen ausgeübt wird, sich für soetwas hergeben zu müssen.1)
Eine soziale Absicherung und gesellschaftliche Anerkennung der Prostitution wird sicherlich wirkungsvoller dem Zwang entgegen wirken, als ein Verbot der Pornographie.

Aber der eindeutige Schwerpunkt der Kampagne gegen Pornographie liegt in der Begründung "Pornographie fördert Gewalt". Um diese These zu untermauern, folgt Frau Schwarzer in ihren Artikeln immer dem gleichen Muster:
In wenigen Sätzen wird ein Experiment angerissen, aus welchem ihr relevante Sätze und/oder (Teil-) Ergebnisse zitiert werden, ohne das auf das gesamte Experiment, bzw. Versuch eingegangen wird. Danach kommen seitenweise Fallbeispiele. Eines schlimmer als das andere. Alle im Stile von: Der Kindermörder/-schänder/Frauenmörder/-schänder/Vergewaltiger hatte ein Pornoheft in der Tasche/zu Hause/eine ganze Sammlung/-filme gesehen. Ob es sich dabei um Raucher oder Nichtraucher handelte erfahren wir nicht. Denn ebenso könnte ich sehr wissenschaftlich behaupten, alle Raucher essen kleine Kinder und Nichtraucher haben einen IQ unter 50.
Und Sadomasochismus wird natürlich in diesen Artikeln gleichgesetzt mit der Folter in diktatorischen Ländern, der heiligen Inquisition, Frauenzerstückelungen und anderen schlimmen Dingen.2)
Dabei ist Sadomasochismus Sexualität zwischen gleichberechtigten Partnern, die im Einvernehmen und unter freiem Willen gelebt wird.

Das Schlimme daran sind eigentlich nicht die entsprechenden Artikel in der EMMA, obwohl dort eindeutig zu Gewaltmaßnahmen gegen "Pornos und Wichser" aufgerufen wird ("Wichser" einen Antipornoaufkleber auch ins Gesicht kleben, aufs Auto kleben (das ist Sachbeschädigung!), in Sex-Kinos und Sex-Shops mit Trillerpfeife und beleidigenden Sprüchen gehen u.v.m.).3)
Das Gefährliche daran ist, daß jedem klar ist, daß wir unbedingt etwas gegen die Kinderpornographie und -gewalt tun müssen und es daher schnell passiert, daß wir ohne nachzudenken Pauschalitäten übernehmen. Und die Initiatorin des Frauenbündnisses ist sehr geschickt: Sie versteht es, die Stimmung gegen die Kinderpornographie für ihre Zwecke zu entfremden.
In diesem "Frauenbündnis gegen Pornographie, Kinderhaß und Frauenhaß!" sind ausnahmslos Mitgliederinnen des Bundestages von SPD, Bündnis90/Die Grünen, CDU, CSU, FDP und Alice Schwarzer. Das Ziel: Ein Gesetz gegen die Herstellung, Verbreitung und Besitz von Pornographie. Anders ausgedrückt: Zensur gegen Pornographie.
Wer glaubt, soetwas sei undenkbar: In Kanada gibt es ein solches Gesetz seit 1992.
Obwohl es keine wirklichen Beweise, keine klaren Untersuchungsergebnisse gibt. Weder für noch gegen die vom Frauenbündnis aufgestellten Thesen. Was aber nicht heißt, es gebe keine Untersuchungen dieser Thematik. Im Gegenteil! Es ist nur nicht so einfach, wie das Frauenbündnis es gern hätte, und uns weismachen möchte.
Zum Beispiel hat Cynthia Gentry 1991 herausgefunden, daß an Wohnorten, die über einen hohen Anteil von Männern zwischen 18 und 34 Jahren verfügen, eine hohe Präsenz von sexuell anschaulichen Zeitschriften ebenso vorhanden ist, wie eine hohe Rate von Gewaltdelikten.4) Aus diesen Fakten den Schluß zu ziehen, daß die Ursache an der hohen Präsenz von sexuell anziehenden Zeitschriften ist, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Andere Wissenschafter haben an solchen Orten festgestellt, daß ein "hypermaskulines oder machohaftes Kulturmuster" vorherrscht.5 Auch dieses könnte ein Grund für die Gewalt gegen Frauen sein.

Professor Bert Kutchinsky von der Universität von Kopenhagen legte 1991 einen Bericht vor, aus dem hervorging, daß die nichtsexuellen Gewaltverbrechen in Dänemark, Schweden und Westdeutschland zwischen 1964 und 1984 um 300% gestiegen waren, die Vergewaltigungsrate aller drei Länder aber während dieses Zeitraumes entweder zurückging oder konstant blieb, obwohl diese Länder gleichzeitig ihre Verbote sexueller Materialien erheblich lockerten.
In Japan, wo es sehr einfach ist sexuell anschauliche Materialien zu erhalten, wo Themen wie Fesselung, Vergewaltigung und Gewalt besonders viel Raum einnehmen, beträgt die offizielle Vergewaltigungsrate 2.4 pro 100.000 Einwohnern. In den USA, wo es deutlich schwerer ist, entsprechendes Material zu bekommen, 34.5 pro 100.000 Einwohner.6)
Es gibt breiter angelegte Forschungen aus denen eindeutig hervorgeht, daß eine Zensur beliebiger (!) Materialien das Verlangen eines Publikums vergrößert, diese Materialien zu sehen und daß das Publikum dann dazu neigt, sich leichter von ihm beeinflussen zu lassen.7) Ob das im Sinne des Frauenbündnisses ist?

Abschließend bleibt zu sagen, daß es weder Beweise für Zusammenhänge zwischen Pornographie und Gewalt gegen Frauen und Kinder gibt, noch Beweise, die dagegen sprechen. In wissenschaftlich durchgeführten Studien läßt sich derzeit eher eine Argumentation gegen ein Gesetz gegen Pornographie erkennen. Zumindest ist es für einen Staat sehr gefährlich, sich mit den ganzen Auswirkungen, die eine Zensur mit sich bringt, zu belasten, bei einer solch unzureichenden Beweisführung. Eine Beweisführung, die sich fast ausschließlich auf aufgestellte Thesen von Alice Schwarzer stützt.
Auch muß sich der Staat dann die Frage gefallen lassen, wer bestimmt was Pornographie ist und was nicht?
Und in wieweit darf er in die Privatspäre eingreifen und die Persönlichkeitsrechte der BürgerInnen einschränken?


Nachtrag:
Für dieses Heft haben wir versucht eine aktuelle Presseerklärung, bzw. direkte Informationen vom Frauenbündnis zu bekommen. Ein Brief an die SPD wurde per eMail von Britta Erfmann (Frauenreferentin des SPD Parteivorstandes) beantwortet:
"[…]Auch wir haben keine neueren Informationen zu dem Frauenbündnis, als in der EMMA Heft 9/10, 1998 abgedruckt. […] Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen ist das Thema Pornographie nicht erwähnt worden - was jedoch nicht heißen muß, das sich die Fraktionen im Bundestag sich nicht in dieser Wahlperiode mit dem Thema befassen. […]" Auf Anraten von Frau Erfmann, haben wir an Frau Deja (Referentin der SPD-Bundestagsfraktion im Arbeitsbereich Familie, Senioren, Frauen und Jugend) noch eine eMail geschickt, mit der abermaligen Bitte um nähere Informationen - bis Redaktionsschluß leider aber keine Antwort erhalten.

Quellen:
 
EMMA Sonderband 5 - PorNO, Herausgeberin: Alice Schwarzer, 1988.
EMMA, Ausgaben Mai/Juni 1998, September/Oktober 1998.
DER SPIEGEL, Ausgabe 46/1998.
Nadine Strossen: Zur Verteidigung der Pornographie, für die Freiheit des Wortes, Sex und die Rechte der Frauen, Haffmans Verlag, 1. Ausgabe Herbst 1997.

_________________________________________________________
1) U.a.: EMMA Sonderband 5, S.6ff
2) U.a.: EMMA Sonderband 5, S.66f + 88f, EMMA, Mai/Juni 1998, S.90ff
3) EMMA Sonderband 5, S. 38f
4) Cynthia Gentry: Pornography and Rape: An Empirical Analysis, Deviant Behavoir: An Interdisciplinary Journal 12 (1991), S. 284.
5) Larry Baron und Murray Straus: Four Theories of Rape: A Macrosociological Analysis; Social Problems 34, Nr.5 (1987), S. 467-489.
6) Marcia Pally: Sex and Sensibility: Reflection on Forbidden Mirrors and the Will to Censor, Hopewell, N.J. 1994, S. 57ff.
7) Timothy C. Brook: Erotic Materials: A Commodity Theory Analysis of Availability and Desirability, Technical Reports of the U.S. Commission on Obscenity and Pornography 6 (1971), S. 131ff.

 
Impressum: V.i.S.d.P U·w·e Vogt, F·r·a·n·k Thies Tel.: +49 (0)511-39 44 175, A·x·e·l Tüting
 
Auszüge: (c) Schlagworte / Spiegel / Taz / Emma / Jungle World
 

Materialien << up

EMMA Ausgabe Mai/Juni 1998

Was ist Pornografie?, Seite 79 [ << < up > ]
[…] Pornographie ist die verharmlosende, verführerische oder verherrlichende, in jedem Fall aber deutlich erniedrigende sexuelle Darstellung in Text oder Bild von Kindern oder Frauen, bei denen die Sexualobjekte:

  • Erniedrigung, Verletzung oder Schmerz zu genießen scheinen;
  • vaginal, anal oder oral vergewaltigt werden;
  • von Gegenständen in Vagina, After oder Mund penetriert werden;
  • geschlagen, gefesselt, mißhandelt, verletzt, verstümmelt, getötet oder auf andere Weise Opfer von Zwang und Gewalt werden.

  • 10 Forderungen, Seite 81 [ << < up > ]
    Die Erfüllung der nachstehenden Forderungen würde den Kampf gegen die Sexualgewalt zum Schutz von Kindern und Frauen effektiver machen. Emma veröffentlichte diese Liste erstmals im November 1996. Inzwischen ist unter dem Druck der Kindermorde einiges passiert. So arbeiteten die Ermittlungsbehörden im Fall der ermordeten Christina mit der DNA-Analyse. Und Videoaufnahmen als Beweismittel sind zumindest zugelassen, auch wenn sie keineswegs schon immer praktiziert werden. Wir fordern darum:
     1. Ein neues Strafgesetz und Zivilgesetz gegen Pornographie als "Verstoß gegen die Menschenwürde"!
     2. Lebenslange Sicherheitsverwahrung für Täter, die wiederholt Kinder und Frauen mißbrauchen, vergewaltigen, ermorden!
     3. Einmalige Vernehmung von kindlichen Opfern sexueller Gewalt und Zulassung von Vidioaufnahmen als Beweismittel vor Gericht!
     4. Ausschließliche Zulassung von spezialisierten Psychiatern als Gerichtsgutachter!
     5. Zulassung der DNA-Analyse (genetischer Fingerabdruck) als Beweismittel vor Gericht!
     6. Vom Staat finanzierte "Opferanwälte" und "Rehabilitationszentren" für die Opfer sexueller Gewalt!
     7. Zusammenarbeit aller mit Sexualgewalt befaßten Behörden: vom Jugend- und Sozialamt über Polizei bis Justiz!
     8. Erfassung von (Kinder)Porno-Produzenten und -händlern sowie Sexualstraftätern in einer Zentraldatei!
     9. Ausreichend Frauen- und Mädchenhäuser!
    10. Entfernung gewalttätiger Männer aus der Wohnung, damit nicht die Frauen und Kinder flüchten müssen, sondern zuhause bleiben können!


    Das Frauenbündnis gegen Pornographie, Kinderhaß und Frauenhaß EMMA, Ausgabe Sept/Okt 1998 [ << < up > ]
    Wir - Politikerinnen aus allen Parteien - haben uns jenseits des Wahlkampfes Zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen die vor allem Kinder und Frauen bedrohende sexuelle Gewalt zu kämpfen. Der Zusammenschluß zwischen Pornokonsum und sexueller Gewalt ist heute offenkundig und längst wissenschaftlich bewiesen. Doch immer noch wird nur an den Folgen herumgedoktert, statt die Ursachen zu bekämpfen.
    Die Kriminalstatistik 1997 meldet ein Ansteigen der "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" von 8% auf 53.135 Taten. Gleichzeitig ist die Verbreitung allgemeiner pornographischer Schriften um 16% und die von Kinderpornographie um 146% gestiegen. Hier muß angesetzt werden.
    Zwei von drei jungen Männern in Deutschland frenquentieren heute regelmäßig pornographische Medien. Wirkungsforscher fanden heraus, daß "auffällig viele Sexualdelikte direkt durch Sex- und Pornmedien verursacht" werden und der Konsum von Gewaltpornographie in Verbindung mit instabilen psychosozialen Verhältnissen junge Männer geradezu zwangsläufig zu Sexualverbrechen macht (Glogauer-Studie). Immer mehr Täter stellen Vergewaltigung, sexuelle Folter und Sexualmorde minutiös nach Pornos nach.
    Wir brauchen also ein gesellschaftliches Umdenken - und eine neue, zeitgemäße Definition von Pornographie und Sexualgewalt. Pornographie ist kein Verstoß gegen die Moral, Pornographie ist ein Verstoß gegen die Menschenwürde. Pornographie ist sexualisierter Haß.
    Auch dieser Kinderhaß und Frauenhaß ist Volksverhetzung. Er muß in Zukunft ähnlich geahndet werden können wie Fremdenhaß oder Antisemitismus: Wer in Wort, Schrift oder Bild zu Haß oder Gewalt gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt, sie in ihrer Menschenwürde verächtlich macht oder erniedrigt, macht sich der "Volksverhetzung" schuldig und wird mit Freiheitsstrafe bestraft.
    Im geltenden Paragraphen 184 StGB werden Darstellungen bisher nur dann als "pornograhisch" definiert, wenn sie "auf Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter abzielen und in Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogene Grenzen des sexuellen Anstandes eindeutig überschreiten". Diese Definition ist nicht mehr zeitgemäß. Wir Frauen schlagen darum die folgenden Kriterien zur juristischen Neudefinition von Pornographie vor:
    Pornographie ist die verharmlosende, verführerische oder verherrlichende, in jedem Fall aber deutlich erniedrigende sexuelle Darstellung in Text oder Bild von Kindern oder Frauen, bei denen die Sexualobjekte: Erniedrigung, Verletzung oder Schmerz zu genießen scheinen; vaginal, anal oder oral vergewaltigt werden; von Gegenständen in Vagina, After oder Mund penetriert werden; geschlagen, gefesselt, mißhandelt, verletzt, verstümmelt, getötet oder auf andere Weise Opfer von Zwang und Gewalt werden.
    Die neuen Strafbestimmungen zur Pornographie müssen europaweit angeglichen werden, um Strafbarkeitslücken zu vermeiden.
    Die Medien tragen eine besondere Verantwortung bei der Verbreitung von und im Kampf gegen Pornographie. Es ist Zeit für eine verstärkte Selbstkontrolle der Medien, der öffentlichen wie privaten sowie der Neuen Medien. Geht die Berichterstattung bis zur Propagierung von Kinderhaß und Frauenhaß, müssen sie zur Verantwortung gezogen werden können. Notfalls müssen Veröffentlichungen bzw. Ausstrahlungen eingeschränkt oder indiziert werden können. Auch hierzu sind europaweite bzw. Internationale Regelungen erforderlich.
    Die Internet-Polizei muß angemessen qualifiziert und erweitert werden. Im Internet müssen technische Sperren gegen Einspeisung und Verbreitung auf internationaler Ebene eingerichtet werden.
    Der Umsatz der Pornoindustrie hat allein bei den Videotheken im Jahre 1997 bei 150-170 Millionen DM gelegen. Der Handel mit Gewaltpornographie und Kinderpornographie muß national und international verfolgt und bestraft werden. Der Schutz der Menschenwürde muß Vorrang vor dem Gewinnstreben haben.
    Schon Besitz von Pornographie, Gewaltpornographie mit Frauen und Kinderpornographie muß international verfolgt und bestraft werden. Denn die Konsumenten von heute sind die Täter von morgen.
    Die Opfer von Menschenhandel haben sich in den letzten fünf Jahren verzehnfacht (auf 1.581 im Jahr 1996 plus Dunkelziffer). Der Handel mit Kindern und Frauen muß darum wirksamer als bisher national wie international verfolgt und bestraft werden. Ausländische Opfer müssen ausländerrechtlich geschützt werden. Bei Bedarf brauchen die Opfer einen befristeten Abschiebeschutz.
    Um das Ausmaß von Kinderhaß und Frauenhaß wirklich erfassen zu können, müssen Statistiken von Polizei und Justiz Opfer wie Täter von Kinderhaß und Frauenhaß ausweisen, gesondert und differenziert nach Geschlechtern. Die innere Sicherheit fängt zuhause an.
    Auch Resozialisierungsmaßnahmen für Täter sollen gezielt und verstärkt angewandt werden. Der Kampf gegen die sexuelle Gewalt muß schon in den Familien beginnen, denn die männlichen kindlichen Opfer werden als Erwachsene leichter zum Täter.
    Wir sind entschlossen, mit unserem Kampf gegen Pornographie und Sexualgewalt zu einer menschlicheren Gesellschaft beizutragen.

    Dr. Christine Bergmann, Senatorin für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen in Berlin, SPD; Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, MdB, CDU; Andrea Fischer, MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Sozialpolitische Sprecherin; Michaela Geiger, Vizepräsedentin des Dt. Bundestages, MdB, CSU; Rita Griesshaber, MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Frauenpolitische Sprecherin; Dr. Regine Hildebrandt, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen in Brandenburg, SPD; Irmgard Karwatzki, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, MdB, CDU; Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, MdB, FDP; Prof. Ursula Männle, Bayerische Staatsministerin für Bundesangelegenheiten, CSU; Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit, Justizsenatorin in Hamburg, SPD; Ulla Schmidt, Vorsitzende der 'Querschnittsgruppe Gleichstellung von Frau und Mann', MdB, SPD; Alice Schwarzer, EMMA-Herausgeberin; Bärbel Sothmann, Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, MdB, CDU; Prof. Rita Süssmuth, Präsidentin des Dt. Bundestages, MdB, CDU; Inge Wettig-Danielmeier, Schatzmeisterin der SPD, MdB.

    Anmerkung AG NOporNO: Genaue Quellenangaben waren nicht im Artikel enthalten. Wir haben die damals gültigen Amtsbezeichnungen der Politikerinnen so gelassen.

    TAZ vom 17.12.1998, Auszug [ << < up > ]
    […] Auch wenn Schmerz oft ein Bestandteil von SM-Ritualen ist, ist etwas anderes grundlegend für den Sadomasochismus: Das Schema Master/Slave, die Ritualisierung von Unterwerfung. Dies findet allerdings meist im "Schlafzimmer" statt. Diese Trennung sei "wichtig, [sic] für die Integrierbarkeit dieser Neigung", wie eine Studie Trierer SoziologInnen feststellt. "Der Sadomasochismus ist ein Erlebnisfeld, das die Ausgestaltungsformen relativ offenläßt", schreiben die Trierer ForscherInnen. Der herrisch brutale Ehemann, der seine Frau schlägt, weil das Essen nicht pünktlich auf dem Tisch steht, gehört ebensowenig dazu, wie der Vergewaltiger. Ministerin Bergmann mag diese Trennung nicht nachvollziehen. Sie zieht Parallelen zwischen SM-Pornographie und Vergewaltigung in der Ehe […]


    Auszug aus einem Brief nach dem Spiegel-Interview (46/98) an Familienministerin Frau Bergmann [ << < up > ]
    […] Jetzt kriecht in mir die Angst hoch. Werde ich kriminalisiert, weil ich außer der von der Gesellschaft als normal betrachtete Form der Sexualität mich selbst gern dem Menschen (zeitlich begrenzt) unterwerfe, der mich liebt, von dem ich geachtet werde, den ich liebe? Werde ich kriminalisiert, weil ich unsere gemeinsame Sexualität, mein Gefesselt-Sein zum Beispiel, mit ihm lustvoll erlebe, weil ich gern sadomasochistische Geschichten lese und erotische Bilder mag, zum Beispiel die "Schlagzeilen" ab und an lese? Bin ich dann schon kriminell? Und etwas verstehe ich ganz und gar nicht. In Ihrem Interview sprachen Sie in einem Atemzug von der Verfolgung "sexuell erniedrigender Darstellungen von Frauen und Kindern". Kinder können sich nicht gegen Übergriffe wehren. Sie sind in jedem Fall schützenswert. Aber uns Frauen grundsätzlich abzusprechen, dass wir eigenverantwortlich über unseren Körper entscheiden können, und damit quasi auszusagen, dass wir unfähig seien, uns gegen Übergriffe zu wehren, halte ich für ausgesprochen bedenklich. […] Gern hätte ich auch mit meinem vollen Namen unterzeichnet. Jedoch die Angst, tatsächlich durch die von Ihnen angestrebte Gesetzesinitiative kriminalisiert zu werden, und dadurch sogar die berufliche Existenz gefährdet zu sehen, hielt mich davon ab.

    (Name ist der Redaktion bekannt)


    Zeitschrift für den Strafvollzug und Straffälligenhilfe, Ausgabe Dezember 1997 Heft 6 (S.323-331) [ << < up > ]
    […] In den letzten 30 Jahren hat sich die Zahl der Opfer von Sexualstraftaten verringert. […]


    SPIEGEL Spezial, Heft 1/1999 "Volk ohne Moral - Ein deutscher Sittenspiegel" [ << < up > ]
    (Gunter Schmidt: "Die reine Beziehung", Seite 110-114)
    […] Die Verhandlungsmoral hat die Perversionen - oder das, was man ehedem so nannte - längst erreicht, ja, an ihnen können sich Macht und Universalität der Verhandlungsmoral erst richtig erweisen. Sadistinnen [sic] und Masochisten versichern in zahllosen Talkshows und Features, daß es um maßvolle, um vereinbarte Torturen geht. Mit dem Horror und den Visionen des Marquis de Sade hat das nichts mehr zu tun. Und nur noch solche sexuellen Besonderheiten, die die Verhandlungsmoral inhärent verfehlen, zum Beispiel die Pädophilie wegen des Machtungleichgewichts der Partner, bleiben als Perversion erhalten und werden heute unnachsichtiger ausgespäht und verfolgt als früher.


    EMMA, Ausgabe November/Dezember 1998, Seite 28-33 [ << < up > ]
    Auszug aus einem Interview mit Frau Dr. Bergmann:
    […]
    Bergmann Mich hat da manches sehr gewundert, vor allem die Haltung der Medien zur Pornographie. Ich hatte eigentlich gedacht, alle Frauen aus dem Medienbereich stimmen uns zu, wenn wir gegen die Pornographie angehen. Aber da sich sogar Frauen hinstellen und so tun, als ob wir "Nesthäkchen" zensieren wollen - das fand ich schon etwas verblüffend. Sie nicht?
    Emma Nein. Ich bin das seit 20 Jahren gewöhnt.
    Bergmann Das scheint aber ein spezielles Medienproblem zu sein. An der Basis ist die Sache klar. Bei den Frauen herrscht überall große Zustimmung: Greift das Thema endlich wieder auf, wir fühlen uns in unserer Würde beeinträchtigt durch das, was da permanent passiert!
    Emma Sie sagen, es nutzt nichts, immer nur an den Folgen der Gewalt gegen Frauen herumzudoktern, man muß an die Ursachen gehen. Und eine der zentralen Ursachen ist die Pornographie.
    Bergmann Natürlich! Und deswegen ist es genau richtig, bei der Pornographie anzufangen. Ich glaube, bei manchen Journalistinnen und grünen Politikerinnen ist es die Angst davor, in die prüde Ecke geschoben zu werden.
    Emma Nach meinen Beobachtungen scheint die Zustimmung zur Pornographie das Eintrittsticket für Frauen in gewisse fortschrittliche Kreise in Politik und Medien zu sein. Männer äußern sich ja schon lange nicht mehr dazu, die schicken Frauen vor. Am allerliebsten Frauen, die sagen: Ich bin Feministin, und ich finde Pornos geil.
    Bergmann Als ob man die eigene Modernität nachweisen müßte, indem man etwas unterstützt, das eindeutig gegen uns Frauen gerichtet ist. Da sollten die Frauen ein Stück selbstbewußter sein und mehr auf sich hören. Das ist doch eine Frage der Würde. Ich finde Pornographie eindeutig abstoßend. Haben Männer das nötig?
    Emma Also dürfen wir hoffen, daß die neue Frauenministerin am Thema dranbleibt und endlich ein realistisches Gesetz gegen Pornographie fordert?
    Bergmann Ich bleibe an dem Thema!
    […]

    Kommentar der AG NOporNO: Eigentlich erübrigt sich ja ein Kommentar. Aber was uns besonders nachdenklich gemacht hat war die Anmerkung von EMMA, "...Eintrittsticket für Frauen in gewisse fortschrittliche Kreise…" - …und was ist jetzt EMMA????


    Die Frauensprecherin der PDS im Deutschen Bundestag, Christina Schenk, [ << < up > ]
    hat sich besorgt über den Zensurvorstoß der Bundesfamilienministerin Christina Bergmann (SPD) geäußert:
    "Auf jeden Fall werde ich mich dafür einsetzen, daß die PDS keine Initiativen unterstützt, die gegen Pornographie im allgemeinen oder gegen sog. Gewaltpornographie im besonderen gerichtet sind. Man könnte höchstens überlegen, ob man den strafrechtlichen Schutz für die Fälle ausbaut, wo jemand gegen seinen/ihren Willen zur Teilnahme an der Herstellung von pornographischen Erzeugnissen gezwungen wird (Nötigung etc.). Kinderpornographie ist eh strafbar [...]."
    Schenk bedauert, daß bei Bergmann alles von Kinderpornographie bis Gewalt gegen Frauen zusammengebracht wird.


    DER SPIEGEL, Ausgabe 46/1998, Interviewauszug [ << < up > ]
    […]
    SPIEGEL: Vor einigen Monaten haben Sie für Aufsehen gesorgt, weil Sie als Mitglied eines überparteilichen "Frauenbündnisses" Front gegen Pornographie gemacht haben. Sie sei "sexualisierter Haß" - ziemlich starke Worte. Bergmann: Nein, das finde ich gar nicht. Es hat mich gewundert, wie gerade viele Frauen versucht haben, uns in die prüde Tugendwächterecke zu stellen. Dabei gibt es einen erwiesenen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Gewaltpornos und Sexualdelikten. Man kann nicht immer über eine Zunahme von Gewalt klagen, wenn man keine Grenzen zieht. SPIEGEL: Der Zusammenhang ist nicht so eindeutig. Wo fängt Gewalt an? Bergmann: Wir haben vorgeschlagen, Pornographie im Strafgesetzbuch neu zu definieren: Wenn Frauen und Kinder zum Beispieles in erniedrigender Weise als Sexualobjekte dargestellt werden und Opfer von Zwang und Gewalt werden. Ich halte es für ein wichtiges Signal, daß die Gesellschaft sagt: Das dulden wir nicht. Das ist ein unerträgliches Maß an Mißachtung. Dagegen gehen wir vor. SPIEGEL: Mit Verboten? Bergmann: Ja. Verkauf, Verleih und Besitz von sexuell erniedrigenden Darstellungen von Frauen und Kindern muß verfolgt und bestraft werden können. Dabei spielt es keine Rolle, ob solche Darstellungen als Filme, Bücher oder im Internet angeboten werden. SPIEGEL: Können Politik und Justiz überhaupt festlegen, was sexuell korrekt ist und was nicht? Bergmann: Diese Argumentation halte ich für ein Ausweichmanöver. Denken Sie an die Debatte um die Vergewaltigung in der Ehe. Das hat jahrelang gedauert, weil eine konservative Mehrheit gemauert hat. Da wurde auch immer behauptet, es gebe eine juristische Grauzone, die nicht zu fassen sei. Heute haben wir ein Gesetz, und wir haben die ersten Verurteilungen. Wenn man will, geht es.
    […]


    EMMA, Ausgabe Mai/Juni 1998, 20 Jahre Kampf, Seite 80-85 [ << < up > ]
    […] Daß es bei der Pornographie nicht um die Lust an der Lust geht, sondern um die Lust an der Erniedrigung und Gewalt, ist inzwischen allen klar. Mehr noch: Pornographie ist die Reaktion der Männergesellschaft auf die Emanzipation der Frauen. Denn Pornographie degradiert den weiblichen Menschen (wieder) zum Untermenschen. […] 1986 thematisierte Alice Schwarzer die zunehmenden sado-masochistischen Tendenzen und Folterphantasien in der Pornographie. […] Sie fesseln uns. Foltern uns. Ermorden uns. Denn genau das macht den neuen Mann heiß: die kalt gemachte Frau. […] "Pornographie ist die Theorie, Vergewaltigung die Praxis" (Susan Brownmiller); "Pornographie macht Gewalt sexy" (Diana Russel); "Pornographie verletzt die Menschenrechte von Frauen" (Catharine A. Mac-Kinnon); "Pornographie ist Kriegspropaganda gegen Frauen" (Alice Schwarzer). […]


    EMMA, Ausgabe Mai/Juni 1998, Die Lust am quälen, Seite 90-93 [ << < up > ]
    Der Sado-Masochismus ist nicht grenzüberschreitend. Er kommt direkt aus den Kerkern der Inquisition. […] Ende des 18. Jahrhunderts formuliert der privilegierte Adelige de Sade seine mörderische Befreiungs-Philosophie […]. […] Ende des 19. Jahrhunderts ist das Recht auf Frauen-Verstümmelung an der Basis angekommen. Die sogenannten "Lustmörder" gehen um. Jack the Ripper ist der erste: 1888 schneidet er in London sechs Prostituierten die Brüste ab, bevor er sie absticht (siehe Emma 6/94). Und dann geht es Schlag auf Schlag: Anfang des 20. Jahrhunderts avanciert der Lustmörder zum Lieblingsthema deutscher Avantgarde-Künstler wie Gerorge Grosz und Paul Klee. Ende der 50er Jahre ergötzt sich der amerikanische Schriftsteller Norman Mailer in Barbary Shore:" Er nannte verschiedene Teile ihres Körpers und beschrieb, wie er dies aufreißen und jenes drücken würde, hier essen und da ausspucken, wild drauflosmetzeln und fein schneiden, aufschlitzen, kasteien und herausreißen würde." Ende der 60er träumen die Rolling Stones vom finalen Orgasmus, als sie in ihrem Song Midnight Rambler den "Würger von Boston" feiern, der Dutzende von Frauen hingerichtet hat. Mitte der 80er macht der Österreicher Falco mit Jenny den Lustmord auch auf Deutsch zum Disco-Hit. Und Anfang der 90er gröhlt die Black-Metal-Band Vernon: "Wir trinken die Kotze des Priesters und vögeln eine sterbende Hure." Und kurz vor der Wende zum dritten Jahrtausend? Während kleine Jungs, inspiriert von Horror- und Porno-Vidios, kleinen Mädchen mit Beilen den Schädel spalten (siehe auch Seite 83), besuchen ihre Eltern am geheiligten Sonntag "Sex-Messen". […]


    BPjS aktuell, Ausgabe 4/1998 (Jugendschutzmagazin) [ << < up > ]
    Elke Monssen Engberding (Vorsitzende der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften): "Die zur Vorbereitung des 4. Gesetzes zur Reform des Strafrechts durchgeführte ausführliche, wissenschaftlich empirische Bestandsaufnahme hat gezeigt, daß die Möglichkeit einer Jugendgefährdung durch Schriften zwar nicht erhärtet, trotz überwiegend in Gegenrichtung weisender Stellungnahmen aber auch nicht ausgeschlossen werden konnte."
    In einem weiteren Vortrag von Prof. Dr. Joachim Knoll wird unter anderen ausgeführt:
    "Wir sagten an dieser Stelle bereits eindeutig, daß unsere Kenntnis über kurzzeitige oder langzeitige Wirkungen von Pornografie auf Kinder und Jugendliche ausgesprochen defizitär ist; es gibt, recht besehen, keine einzige Wirkungsuntersuchung über die Rolle der Pornografie im Leben Jugendlicher."


    Jungle World vom 23.12.98 [ << < up > ]
    Der Strafbestand "Verbreitung pornographischer Schriften" ist bisher mit dem Paragraph 184 des Strafgesetzbuches unter "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" geregelt. Definiert wird Pornographie dort u.a. als Sammelbegriff für Darstellungen, die "ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter abzielen, und dabei die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des sexuellen Anstandes eindeutig überschreiten". Diese unpraktikable, da vage und moralisierende Definition wird seit ihrer Einführung von RechtsexpertInnen heftig kritisiert. Als pornographisch gilt daher außerdem "eine grobe Darstellung des Sexuellen in drastischer Direktheit, die in einer den Sexualtrieb aufstachelnden oder die Geschlechtlichkeit in den Schmutz ziehenden oder lächerlich machenden Weise den Menschen zum bloßen (auswechselbaren) Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung jedweder Art degradiert." [...]
    Zu befürchten ist, dass es auf Initiative von Emma und dem Frauenbündnis tatsächlich zu einer strafrechtlichen Neudefinition von Pornographie ohne die Einräumung einer zivilrechtlichen Klagemöglichkeit kommt. Diese Situation wäre vergleichbar mit derjenigen in Kanada. 1992 änderte der kanadische Supreme Court die strafrechtliche Definition von Pornographie in eben genau der aktuell geforderten Weise ab. Als erniedrigende Darstellung von Frauen gelten vielen homophoben und antifeministischen kanadischen Regierungsbeamten vor allem lesbische und feministische Texte und Bilder. Das Urteil "wurde ausschließlich dazu benutzt (Oe) ,um lesbisches, schwules und feministisches Material zu beschlagnahmen". (Feminist Bookstore News, März/April 1993) Mehr als die Hälfte aller feministischen Buchläden waren in den ersten zweieinhalb Jahren nach der Gesetzesänderung von Beschlagnahmungen betroffen. Auch zwei Romane von Andrea Dworkin, Mit-Autorin des Gesetzesvorschlages und vehemente Pornogegnerin, wurden vom kanadischen Zoll einbehalten. [...]
    Die vorgeschlagene Neudefinition von Pornographie hätte nicht nur Auswirkungen auf die Zirkulation von Text- und Bildmaterial, auch für feministische Politik hätte sie in jedem Fall fatale Effekte - steht doch die Definition von Frauen und Kindern auf dem Spiel. [...]
    Pornographie wird damit nicht nur zu der gesellschaftlichen Institution, die für männliche Gewalt gegen Frauen und Kinder verantwortlich ist, sondern auch zur Trennlinie zwischen einer männlichen und einer weiblich-kindlichen Geschlechtsposition: aktiv-pornographisiert der Mann-Täter, passiv-pornographisiert die Frau, das Kind, das Opfer. Schwule, transvestitische, transgeschlechtliche, hermaphroditische Geschlechtsidentitäten werden durch diesen rein heteronormativ-zweigeschlechtlichen Ansatz ausgelöscht[...].
    Bei MacKinnon mischt sich der Gedanke der Performativität von Geschlecht mit der essentialistischen Grundannahme, Sexualität sei männlich und Ursprung allen Übels. Sie reduziert damit Frauen auf einen reinen Opferstatus. Was eine Frau ist, wird damit restlos von der männlichen Sexualität bestimmt. [...] In der Frauenbündnisvariante des MacKinnonschen Gesetzesentwurfes werden Frauen durch die Koppelung "Frauen und Kinder" zusätzlich verkindlicht und Kinder verweiblicht. Weiblichkeit steht dabei für Verletzbarkeit und einen pornographischen Opferstatus.

    taz Nr. 5612 vom 19.8.1998 Seite 6, Inland, 78 Zeilen, Interview von Barbara Dribbusch, Auszug [ << < up ]
    taz: Sie wollen schon den Besitz von Pornographie bestrafen. Wandern damit Männer künftig ins Gefängnis, wenn sie sich ein Pornovideo ausleihen?
    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Nur dann, wenn es verbotene Pornographie ist. Es ist ja jetzt schon möglich, denjenigen mit Strafe zu belegen, der Kinderpornovideos besitzt. Das wollen wir ausdehnen, um auch die Würde der Frauen zu schützen.
    taz: Da haben die Strafverfolger künftig viel zu tun.
    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Wir wollen doch nicht generell alles Pornographische verbieten. Entscheidend dabei ist, daß wir den Begriff Pornographie künftig neu definieren wollen, wie es in unserem Aufruf beschrieben ist. Wir wollen eine Definition von Pornographie, die konkreter ist als die bisher verwendete Definition.
    taz: Wie konkret?
    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Die neue Definition soll darauf zielen, daß es uns nur um erniedrigende Darstellungen von Sexualität in Text und Bild von Frauen und Kindern geht, das heißt um Vergewaltigungen, oder wenn beispielsweise Frauen und Kinder geschlagen, gefesselt und mißhandelt werden.
    taz: Welche Pornographie wäre denn dann erlaubt?
    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Wenn es keine erniedrigende Darstellung ist.
    taz: Wo fängt denn für Sie die erniedrigende Darstellung an? Bei Fesselungen? Wenn die Frau geschlagen wird? Das gehört in vielen S/M-Zirkeln zu den Praktiken.
    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Wir haben extra keinen konkreten Straftatbestand formuliert, weil man das mit Fachleuten zusammen machen muß. Wir haben uns in etwa orientiert an der Debatte zur Vergewaltigung in der Ehe und an der Reform zur Straftatbestimmung beim sexuellen Mißbrauch von Kindern, wo wir verschiedene Formen des Mißbrauchs definiert haben.
    taz: Aber diese Art von Mißbrauch ist doch etwas ganz anderes als ein Pornovideo, in dem sich eine Darstellerin ans Bett fesseln, verhauen läßt und dabei optisch wie akustisch einen Orgasmus vortäuscht, um damit Geld zu verdienen.
    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Es kommt immer darauf an, wie das dargestellt ist. Das ist dann eine Frage der Bewertung. Wir haben bisher eine relativ allgemeine Fassung des Pornographie-Begriffs, da ist es in jedem Fall gut, wenn man das jetzt konkreter macht.
    taz: Sie beziehen sich gleichermaßen auf Pornos mit Kindern und mit Frauen. Porno-Darstellerinnen machen aber meist freiwillig mit.
    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: In anderen Bereichen wird auch vieles freiwillig gemacht, weil man Geld verdienen muß. Deswegen muß sich die Gesellschaft trotzdem fragen, wo man Grenzen setzen sollte.


    ^oo^ Erstellt von frank-, Email: frank- {at} bdsm-hannover . de, Letzte Änderung : Hannover, den 17.Feb. 99 23:00 Uhr